Österreich

Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz

Ein Artikel von Philipp Matzku (für Forstverein Niederösterreich und Wien bearbeitet) | 17.06.2024 - 09:26

„Die unsichere geopolitische Lage und der fortschreitende Klimawandel zeigen uns klar auf, dass wir von fossilen Rohstoffen und Energieträgern wegmüssen. Die Nutzung von klimaneutraler Biomasse wird dabei vor allem in Österreich eine wichtige Rolle spielen. Durch die Abscheidung von CO2, das bei der Biomasseverbrennung entsteht, ließe sich sogar eine klimapositive Wirkung erzielen. Um unsere ambitionierten Klimaziele zu erreichen, müssen wir uns daher mit den vielversprechenden Potenzialen der BECCS-Technologie auseinandersetzen“, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. 

Gute Voraussetzungen für BECCS in Österreich

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Laut ÖBMV-Präsident Franz Titschenbacher könnte Österreich beim Einsatz von BECCS eine Vorreiterrolle einnehmen © ÖBMV

„BECCS kann bis 2040 einen Beitrag von 5 bis 10 Mio. t an Negativ-Emissionen leisten. Österreich hat das Potenzial, eine weltweite Vorreiterrolle einzunehmen“, erklärte Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. „Durch BECCS kommt es zu einem Doppeleffekt: einerseits die Substitution fossiler Energieträger und andererseits negative Emissionen, weil CO2 aus der Luft in die Erdkruste eingelagert wird. Umso langsamer der Ausstieg aus fossilen Energien erfolgt, umso mehr BECCS wird notwendig sein. Österreich verfügt über ausreichend große CO2-Punktquellen in der Holzverarbeitung, in Biomassekraftwerken oder Heizwerken und besitzt ein hohes Potenzial an geologischen Speichern“, erläutert Titschenbacher.

Ausgereifte Technologie

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Großes Interesse am künftigen Einsatz von BECCS zeigten die rund 200 Teilnehmer bei der Veranstaltung des Österreichischen Biomasse-Verbandes. Aufgrund der vielversprechenden Potenziale und der klimapositiven Wirkung plädierte Bundesminister Norbert Totschnig dafür, sich mit der BECCS-Technologie auseinanderzusetzen © ÖBMV

„Für die Abscheidung werden Punktquellen benötigt, die jährlich mehr als 100.000 t CO2 liefern. Anschließend erfolgt der Transport per Schiff oder Pipeline zu Lagerstätten, wie Kohlenwasserstoffspeichern oder tiefen Aquiferen, wo das CO2 hineingepresst wird“, berichtete Univ.-Prof. Holger Ott von der Montanuniversität Leoben. Er ergänzt: „Die CO2-Speicherung wird seit den 1970er-Jahren praktiziert. In der Natur gibt es Lagerstätten mit 100% CO2, wo dieses seit Millionen Jahren ist. Die Technologie ist prinzipiell ausgereift und sicher.“ Praxiserfahrungen mit BECCS gesammelt haben bereits Tobias Ilg im Holzkraftwerk der Energiezentrale Stöcken sowie die Agrana-Stärke bei der Bioethanolproduktion und industriellen CO2-Vermarktung in Pischelsdorf. Univ.-Prof. Tobias Pröll, Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), bezifferte die Gesamtkosten für die Anwendung von BECCS mit 100 bis 150 €/t CO2. „Mit BECCS benötigen wir 20 bis 25% mehr Brennstoff für die Energieproduktion. Die Hoffnung auf negative Emissionen darf aber keine Ausrede sein, um die Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu verlangsamen“, mahnte er.

Österreichische Carbon Management Strategie

Noch im Juni soll die von einer Steuerungsgruppe aus Klimaschutz- und Finanzministerium koordinierte nationale Carbon Management Strategie (CMS) fertiggestellt werden. Diese erhebt Potenziale zur Erzeugung negativer Emissionen als Kompensation der verbleibenden Emissionen aus „Hard-to-abate-Sektoren“, wie Industrie, Müllverbrennung oder Landwirtschaft.